BuchhaltungBuchhaltung lernen – Körperliche Inventur & Buchinventur, Ablauf, Planung & Beispiele

Die Inventur ist ein entscheidender Prozess in der Unternehmenswelt, der sowohl die körperliche Bestandsaufnahme von Vermögensgegenständen als auch deren buchhalterische Erfassung, der Buchinventur, umfasst.

Sie spielt eine zentrale Rolle in der Bilanzierung und liefert verlässliche Daten über vorhandene Ressourcen und Verbindlichkeiten.

Im Folgenden werden Ihnen die Grundlagen der Inventur nähergebracht, wobei Sie nicht nur deren Definition und Beispiele, sondern auch praktische Hinweise für eine sorgfältige Planung und Durchführung erhalten.

Inventur, körperliche Inventur und Buchinventur, Infos zur Definition und Ursachen. Bestandsaufnahme planen und Ablauf sowie Beispiele.
Körperliche Inventur und Buchinventur

Inventur

Die Inventur stellt ein wesentliches Element der kaufmännischen Praxis dar. Laut § 240 des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie den §§ 140 und 141 der Abgabenordnung (AO) ist jeder Kaufmann dazu angehalten, das Vermögen und die Schulden seines Unternehmens genau zu dokumentieren – eine verantwortungsvolle Aufgabe, die durch die Durchführung einer Inventur erfüllt wird. Diese systematische Erfassung und Bewertung aller Vermögensgegenstände und Schulden bildet die Grundlage für eine transparente und korrekte Buchführung.

Konkret umfasst die Bestandaufnahme die mengenmäßige Erfassung aller Vermögensobjekte und Verbindlichkeiten zu einem bestimmten Stichtag, in der Regel zum Jahresende am 31. Dezember, sofern das Geschäftsjahr gleich dem Kalenderjahr verläuft. Diese zeitpunktbezogene Aufnahme ermöglicht es, den tatsächlichen Bestand an Waren, Anlagevermögen und weiteren Vermögenswerten genau zu erfassen und zu bewerten.

Die dabei zum Einsatz kommenden Inventurverfahren unterscheiden sich je nach Anforderung und Unternehmenskontext: Von der klassischen Stichtagsinventur, bei der alle Werte zum Bilanzstichtag erfasst werden, bis hin zur permanenten Inventur, die eine laufende Bestandsaufnahme über das ganze Jahr ermöglicht, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und eine exakte Grundlage für die Finanzberichterstattung zu schaffen.

Ursachen für die Bestandaufnahme

Die Durchführung einer Inventur ist für Unternehmen nicht willkürlich, sondern vielmehr durch bestimmte Ereignisse und gesetzliche Vorgaben bedingt.

  • Zunächst ist sie bei der Gründung eines Unternehmens obligatorisch, um einen Ausgangswert für die Anfangsbilanz zu schaffen.
  • Ebenso ist eine Bestandsaufnahme erforderlich, wenn ein bestehendes Unternehmen einen Eigentümerwechsel erfährt; hier gewährleistet die Bestandaufnahme Transparenz über die tatsächlichen Werte, die übergeben werden.
  • Auch am Ende jedes Geschäftsjahres kommt ihr eine Schlüsselrolle zu, da sie die Basis für die Jahresabschlussbilanz darstellt und sicherstellt, dass die Buchführung mit der realen Bestandssituation übereinstimmt.
  • Nicht zuletzt ist eine solche Aufnahme von Beständen bei der Liquidation eines Unternehmens unerlässlich, um das verbleibende Vermögen gerecht verteilen zu können, sowie beim Verkauf, um den Wert des Unternehmens korrekt zu ermitteln.

Im Rahmen der Bestandaufnahme wird zwischen der körperlichen Bestandsaufnahme – also der physischen Überprüfung von Waren und Anlagegegenständen – und der Buchinventur – der Überprüfung von Forderungen, Schulden und anderen buchhalterischen Positionen – unterschieden. Beide Formen sind integraler Bestandteil des Inventurvorgangs und sorgen gemeinsam für ein genaues Abbild der Vermögens- und Schuldenlage des Unternehmens.

Körperliche Inventur

Die körperliche Inventur, auch körperliche Bestandsaufnahme genannt, ist ein Prozess, bei dem alle materiellen Vermögensgegenstände eines Unternehmens durch Zählen, Messen, Schätzen oder Wiegen erfasst werden. Diese Methode dient dazu, den realen Bestand an physischen Gütern zu dokumentieren und für die Bewertung und Bilanzierung aufzubereiten.

Methodik

  • Zählen: Stückgüter wie Schrauben oder Büromaterial werden Stück für Stück gezählt.
  • Messen: Flüssigkeiten oder Stoffe werden häufig in Litern oder Metern gemessen.
  • Schätzen: Bei unzugänglichen Mengen oder schwer zählbaren Gütern kann ein geschätzter Wert angesetzt werden.
  • Wiegen: Große Mengen oder schwere Gegenstände wie Rohstoffe werden meist gewogen.

Bewertung

Die erfassten Mengen der körperlichen Bestandsaufnahme werden anschließend in der Landeswährung, dem Euro, bewertet, um eine Bilanzposition ableiten zu können.

Anwendungsbeispiele

  • Vorräte: Hierzu gehören alle Waren und Materialien, die zur Produktion oder zum Verkauf vorgesehen sind.
  • Rohstoffe: Basisprodukte, die zur weiteren Verarbeitung im Produktionsprozess verwendet werden.
  • Hilfsstoffe: Materialien, die unterstützend in die Produktion einfließen, aber nicht Hauptbestandteil der Produkte sind.
  • Betriebsstoffe: Güter, die für den Betriebsablauf benötigt werden, unter anderem Schmierstoffe oder Treibstoffe für Maschinen.
  • Handelswaren: Produkte, die ohne weitere Verarbeitung zum Verkauf stehen.
  • Fuhrpark: die Summe aller Fahrzeuge des Unternehmens, wie Lieferwagen oder Firmenwagen.
  • Betriebs- und Geschäftsausstattung:
  • Büromöbel: Schreibtische, Stühle, Schränke etc.
  • IT-Ausstattung: Computer, Server, Drucker und andere technologische Geräte.
  • Maschinen: Produktionsanlagen und Werkzeuge.
  • Unfertige Erzeugnisse: Produkte, die sich noch in der Produktionsphase befinden.
  • Fertige Produkte: Artikel, die zum Verkauf bereit sind.

Diese detaillierte und sorgfältige Erfassung ist grundlegend, um ein akkurates Bild der Vermögenslage des Unternehmens zu erhalten und bilanziell darstellen zu können.

Buchinventur

Die Buchinventur ist ein Verfahren der Bestandserfassung, das sich auf finanzielle und immaterielle Vermögensgegenstände konzentriert. Unter Zuhilfenahme von Buchhaltungsunterlagen oder computergestützten Systemen wie einem ERP (Enterprise-Resource-Planning) oder Warenwirtschaftssystemen (WWS) werden vorhandene Datensätze genutzt, um Vermögenswerte und Schulden zu identifizieren und zu bewerten. Diese Wertgegenstände sind in der Regel nicht physisch fassbar und werden daher über buchhalterische Vorgänge dargestellt.

Methodik

  • Datenaufnahme aus Unterlagen/EDV: Informationen werden aus den Buchhaltungsunterlagen oder elektronischen Systemen extrahiert.
  • Korrekturen: Eventuelle Anpassungen oder Korrekturen werden vorgenommen, um Abweichungen zu bereinigen und die Daten zu aktualisieren.
  • Bereitstellung für die Vermögensermittlung: Die so aufbereiteten und geprüften Informationen werden zur Ermittlung des aktuellen Vermögens- und Schuldenstandes verwendet.

Anwendungsbeispiele

  • Bankkonten: Ermittlung des Guthabens oder des Solls auf den Unternehmenskonten.
  • Forderungen: Überblick über ausstehende Zahlungen von Kunden oder Geschäftspartnern.
  • Verbindlichkeiten: Dokumentation von Schulden und finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens.
  • Patente: Bewertung von Schutzrechten, die dem Unternehmen exklusive Verwertungsmöglichkeiten eröffnen.
  • Firmenname: Der Wert des Firmennamens oder der Marke, die als Markenzeichen eine finanzielle Bewertung erfahren kann.
  • Softwarelizenzen: Bewertung erworbener Nutzungsrechte für Softwareprodukte.
  • Kundendatenbanken: Wert der Informationen über Kundenbeziehungen und -netzwerke.

Die Buchinventur ist damit ein essenzieller Bestandteil für die Erfassung und Bewertung vermögensrelevanter Aspekte, die nicht in physischer Form vorliegen. Sie trägt maßgeblich zur Genauigkeit finanzieller Berichte bei und unterstützt die Einhaltung bilanzieller Pflichten nach Handels- und Steuerrecht.

Planung der Inventur und Ablauf

Die Durchführung einer erfolgreichen und fehlerfreien Inventur ist für jedes Unternehmen eine bedeutsame Aufgabe. Dabei ist eine fundierte Planung entscheidend, um sicherzustellen, dass der Bestand vollständig und genau erfasst wird. Im folgenden Abschnitt erfahren Sie Schritt für Schritt, wie die Bestandaufnahme präzise vorbereitet und durchgeführt werden sollte, inklusive der wichtigen Rolle des Inventurleiters und der Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips. Folgen Sie diesen Leitlinien, um Ihre nächste Bestandaufnahme effektiv zu gestalten und so einen soliden Jahresabschluss zu gewährleisten.

Festlegung des Inventurleiters

Die Planung einer Inventur beginnt mit der Ernennung eines Inventurleiters. Diese zentrale Figur hat die Aufgabe, strukturiert alle Schritte der Bestandsaufnahme zu koordinieren. Ihm obliegt die Verantwortung, einen detaillierten Inventurplan zu entwickeln, in dem genau festgelegt wird, welche Bereiche des Unternehmens wann und von wem inventarisiert werden. Er entscheidet ebenfalls über die einzusetzenden Hilfsmittel und Ressourcen und legt den Zeitplan für die Durchführung fest.

Ausarbeitung des Inventurplans

In diesem Stadium werden die spezifischen Inventurbereiche definiert und die zugeordneten Teams oder Mitarbeiter benannt. Der Plan umfasst auch die Verfügbarkeit von Hilfsmitteln wie Zähllisten, Barcodescanner, Waagen oder Software und legt fest, welche Verfahren in den jeweiligen Bereichen Anwendung finden (Zählen, Messen, Wiegen, Schätzen).

Vier-Augen-Prinzip

Während der körperlichen Bestandsaufnahme wird das Vier-Augen-Prinzip angewendet, um die Richtigkeit und Verlässlichkeit der erfassten Daten zu gewährleisten. Bei diesem Verfahren arbeiten stets zwei Personen zusammen, die unabhängig voneinander dieselben Bestände zählen und ihre Ergebnisse abgleichen. Stimmen die Zahlen überein, wird von einer korrekten Aufnahme ausgegangen. Bei Abweichungen erfolgt eine erneute Zählung, um Fehler und Unregelmäßigkeiten wie etwa Diebstahl zu vermeiden.

Stichproben und Plausibilitätschecks

Neben der durchgängigen Zählung aller Bestände kann der Inventurleiter auch stichprobenartige Kontrollen ansetzen, um die Effizienz der Bestandaufnahme zu steigern und zugleich die Genauigkeit zu sichern. Diese Stichproben können durch Plausibilitätschecks ergänzt werden, bei denen beispielsweise die Zahlenverhältnisse der aktuell gezählten Bestände mit historischen Daten oder erwarteten Verbrauchswerten abgeglichen werden.

Taktische Maßnahmen

Um Unklarheiten und Zeitverlust zu verhindern, empfiehlt sich das Markieren bereits gezählter Bestände sowie das Vorbereiten der Lagerflächen, um eine klare Übersicht zu erhalten. In der Organisation sollte ebenfalls festgelegt werden, wie mit laufenden Geschäftsprozessen während der Inventur umgegangen wird, um den operativen Betrieb möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Nachbereitung der Bestandaufnahme

Die Arbeit des Inventurleiters endet nicht mit der letzten Zählung. Im Anschluss müssen die Ergebnisse sorgfältig dokumentiert, mögliche Unstimmigkeiten untersucht und die Daten für die Weiterverarbeitung in der Buchhaltung aufbereitet werden.

Eine sorgfältige Planung und akribische Durchführung der Bestandaufnahme sind essenziell für die Genauigkeit des Jahresabschlusses und tragen maßgeblich zur Integrität der unternehmerischen Finanzberichterstattung bei.

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