Buchhaltung – Buchhaltung lernen – Inventurarten – Stichtagsinventur
Bei der Bewertung von Vermögensgegenständen für den Jahresabschluss spielt die Inventur eine zentrale Rolle. Die Stichtagsinventur, eine klassische Methode der Bestandsaufnahme, fällt zeitnah zum Bilanzstichtag an. Sie bietet präzise und aktuelle Einblicke in die Vermögenslage eines Unternehmens.
Gleichwohl stehen diesem Vorteil bestimmte Herausforderungen gegenüber, von Betriebsunterbrechungen bis hin zum Druck auf die Mitarbeitenden.
In diesem Artikel beleuchten wir sowohl Vor- als auch Nachteile dieser Methode und erklären anhand von Beispielen, wie die Stichtagsinventur vor und nach dem Bilanzstichtag durchgeführt wird. Zudem werfen wir einen Blick auf alternative Inventurverfahren in der Buchhaltung.
Inhaltsverzeichnis
Stichtagsinventur
Die Stichtagsinventur ist ein Inventurverfahren bzw. eine Inventurart, bei der die mengenmäßige Bestandsaufnahme des Inventars an einem festgelegten Termin oder zeitnah zum Bilanzstichtag durchgeführt wird. Üblicherweise erfolgt die Inventur am Stichtag im Zuge der Arbeiten am Jahresende bzw. am Ende der Wirtschaftsperiode. Der Gesetzgeber lässt dabei eine Frist von zehn Tagen vor und zehn Tage nach dem Bilanzstichtag zur Durchführung der Inventur zu. Es gilt allerdings zu beachten, dass sämtliche Veränderungen im Bestand, die sich während dieser Zeitspanne ergeben, berücksichtigt werden müssen.
Zusätzlich erfordern es eindeutige Belege bzw. Nachweise der Buchung. Vor allem bei großen Unternehmen kann die Inventur gut und gerne mehrere Tage andauern sowie das sämtliche Personal mit einbeziehen. In einigen Fällen holt sich der Betrieb auch externe Unterstützung durch Hilfen. Diese helfen bei der Inventur von Waren und Materialien. Auf Grund des hohen Aufwands an Arbeit wird häufig die Produktion kurzzeitig stillgelegt. So sollen sämtliche verfügbaren Mittel für die Messung bzw. Zählung des Inventars genutzt werden können.
Vorteile der Stichtagsinventur im Überblick
Zeitnahe Erfassung
Zeitnahe Erfassung: Die Durchführung der Stichtagsinventur rund um den Bilanzstichtag ermöglicht die zeitnahe Erfassung der Vermögenswerte. Die zeitliche Nähe zum Jahresabschluss erlaubt eine präzise Bestandsaufnahme oder Inventur der Wirtschaftsgüter entsprechend der Bilanzierungsvorschriften.
Genauigkeit
Genauigkeit: Die Stichtagsinventur bietet einen definierten Zeitraum für die Durchführung, normalerweise mit einer Spanne von 20 Tagen (10 Tage vor und nach dem Bilanzstichtag), die eine konzentrierte und sorgfältige Bestandserhebung ermöglicht. Dieser Zeitrahmen stellt sicher, dass die Bewertung der Vermögensgegenstände mit hoher Exaktheit vorgenommen wird.
Konzentration auf die Inventur
Konzentration auf die Inventur: Da die Stichtagsinventur eine Unterbrechung der regulären Geschäftsprozesse beinhaltet, können Mitarbeiter ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die Erfassung und Bewertung der Bestände richten. Diese Fokussierung hilft, Fehler zu vermindern und die Inventur gründlich und vollständig durchzuführen.
Die Stichtagsinventur ist dank der genannten Vorteile ein zuverlässiges Verfahren für Unternehmen, um ihren Jahresabschluss mit einer genauen Dokumentation des Vermögens zu untermauern.
Nachteile der Stichtagsinventur im Überblick
Betriebsunterbrechungen
Betriebsunterbrechungen: Durch die notwendige Betriebspause zur Durchführung der Stichtagsinventur kommt es zu keinem regulären Geschäftsbetrieb. Dies bedeutet unweigerlich finanzielle Einbußen, da in dieser Zeit weder produziert noch verkauft werden kann.
Zeitdruck und Fehleranfälligkeit
Erhöhter Zeitdruck und Fehleranfälligkeit: Die Beschränkung auf einen konkreten Zeitrahmen erzeugt Druck auf die Mitarbeiter. Dieser Zeitdruck kann die Fehlerquote erhöhen, da die Bestandserfassung unter Umständen überstürzt erfolgen muss, um den Fristen gerecht zu werden.
Personalkosten
Höhere Personalkosten: Um die Inventur zügig durchführen zu können, sind Unternehmen oft auf zusätzliches Personal angewiesen, sei es durch externes Personal oder Überstunden der Stammbelegschaft, was die Kosten in die Höhe treibt.
Flexibilität
Mangelnde Flexibilität: Der festgesetzte Stichtag für die Inventur bedeutet wenig Spielraum für das Unternehmen. Die Bestandsaufnahme kann nicht in Zeiten geringerer Bestände verschoben werden, was in einigen Fällen günstiger sein könnte.
Durch diese Nachteile wird deutlich, dass die Stichtagsinventur zwar eine exakte Momentaufnahme des Lagers ermöglicht, jedoch auch mit erheblichem organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden sein kann. Unternehmen müssen daher sorgfältig abwägen, welche Inventurmethode für sie die passendste ist.
Stichtagsinventur am Beispiel erklärt
In diesem Beispiel hat ein Betrieb seinen Bilanzstichtag per 31.12.X0 festgelegt und er führt auch seine Stichtagsinventur an diesem Termin durch. Am 4.1.X1 schließt er seinen Betrieb und stellt zehn weitere Hilfskräfte zum Zählen der Vermögenswerte an. Bei der Bestandsaufnahme werden Zukäufe bzw. Verkäufe im neuen Jahr auf den Stichtag zurück gerechnet sowie eindeutig zurück- oder fortgeschrieben.
Nach zwei Tagen wird der ordentliche Betrieb im Unternehmen wieder aufgenommen. Dabei gilt es zu beachten, das die Zukäufe wieder abgezogen werden müssen und die Verkäufe wieder dazu gerechnet werden.
Beispiel für die Berechnung nach dem Bilanzstichtag
Ein konkretes Beispiel für die Berechnung der Stichtagsinventur nach dem Bilanzstichtag: Der Unternehmer Müller hat am 4.01.2021 einen Inventurwert an Waren in Höhe von 10000,00 Euro ermittelt. Die Zukäufe an Waren betrugen vom Bilanzstichtag an 250,00 Euro und die Verkäufe 1000,00 Euro
Inventurwert 04.01.2021: 10000,00 Euro
- – Zukäufe: 250,00 Euro
- + Verkäufe: 1000,00 Euro
- = Bestand lt. Inventur zum Bilanzstichtag: 10750,00 Euro
Somit beträgt der Inventurwert an Waren zum Bilanzstichtag 10750,00 Euro. Hier sehen Sie nochmals deutlich, dass bei der Stichtagsinventur nach dem Bilanzstichtag die Werte zurück gerechnet werden auf den Bilanzstichtag. Das heißt die Zukäufe werden abgezogen und die Verkäufe werden hinzugezählt, damit der Bestand an Waren wieder korrekt ist.
Beispiel für die Berechnung vor dem Bilanzstichtag
Ein konkretes Beispiel für die Berechnung der Stichtagsinventur vor dem Bilanzstichtag: Der Unternehmer Müller hat am 27.12.2020 einen Inventurwert an Waren in Höhe von 10000,00 Euro ermittelt. Die Zukäufe an Waren betrugen nach der Inventur bis zum Bilanzstichtag an 750,00 Euro und die Verkäufe 2500,00 Euro.
Inventurwert 27.12.2020: 10000,00 Euro
- + Zukäufe: 750,00 Euro
- – Verkäufe: 2500,00 Euro
- = Bestand lt. Inventur zum Bilanzstichtag: 8250,00 Euro
Somit beträgt der Inventurwert an Waren zum Bilanzstichtag 8250,00 Euro. Hier sehen Sie nochmals deutlich, dass bei der Stichtagsinventur vor dem Bilanzstichtag die Werte fortgeschrieben werden auf den Bilanzstichtag. Das heißt die Zukäufe werden hinzugezählt und die Verkäufe werden abgezogen, damit der Bestand an Waren wieder korrekt ist. Natürlich gilt dies auch für andere Gegenstände des Vermögens der körperlichen Inventur, nur spricht man dann von Zugängen und Abgängen im Allgemeinen.
Weitere Inventurarten der Buchhaltung
Hier finden Sie weitere Inventurarten zur Vereinfachung der Inventur und die jeweiligen Merkmale, Vorteile und Nachteile zum Lernen.
- Die permanente Inventur mit WWS oder EDV.
- Die verlegte Inventur mit mehr Spielraum zur Aufnahme der Bestände.
- Weiterhin die Stichprobeninventur mit der Hilfe der Statistik und Mathematik.
Weitere Informationen
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