OHG Offene Handelsgesellschaft als Rechtsform von Unternehmen & deren Kriterien

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Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Im Fach Betriebswirtschaftslehre (BWL) spielt die Auswahl der optimalen Rechtsform eines Unternehmens eine wesentliche Rolle. Jede Rechtsform bringt individuelle Vor- und Nachteile mit sich, die den Geschäftsalltag und die strategische Planung maßgeblich beeinflussen können. Eine häufig genutzte und traditionelle Rechtsform ist die Offene Handelsgesellschaft. Im Folgenden werden zehn zentrale Kriterien der OHG detailliert dargestellt und erläutert.

Erfahren Sie alles Wichtige über die Offene Handelsgesellschaft (OHG): Definition, Haftungsumfang, Geschäftsführung, Kapitalaufbringung, Gewinn- und Verlustverteilung, steuerliche Betrachtung, Nachfolge, rechtsformabhängige Formalitäten sowie Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten. Informationen zur Gründung inklusive.
Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Definition und Struktur der OHG

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) ist eine Personengesellschaft, die zu dem Zweck gegründet wird, Handelsgeschäfte unter gemeinschaftlicher Firma zu betreiben. Sie benötigt mindestens zwei Gesellschafter, die als gleichwertige Partner agieren:

  • Gesellschafter: Jeder Gesellschafter ist sowohl Eigentümer als auch Geschäftsführer. Ihre Zusammenarbeit basiert auf dem Prinzip der persönlichen Zusammenarbeit und gegenseitigen Kontrolle.

Diese Struktur zeichnet die OHG als eine Gesellschaft aus, in der alle Partner gleichberechtigt sind und gemeinsam die Geschäfte führen.

Haftungsumfang

Ein entscheidendes Merkmal der OHG ist die persönliche und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter:

  • Gesellschafterhaftung: Jeder Gesellschafter haftet nicht nur mit seiner Einlage, sondern auch mit seinem gesamten Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese Haftung erstreckt sich auch auf die Handlungen der anderen Gesellschafter.

Diese umfassende Haftung erhöht die Kreditwürdigkeit der offene Handelsgesellschaft nach außen, birgt aber auch erhebliche Risiken für die Gesellschafter.

Geschäftsführung und Vertretung

Bei der OHG sind alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt und verpflichtet:

  • Gemeinschaftliche Geschäftsführung: Jeder Gesellschafter hat das Recht und die Pflicht, an den Geschäftsführungsentscheidungen mitzuwirken. Entscheidungen, die die Geschäftsführung betreffen, müssen gemeinschaftlich getroffen werden, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag anderes geregelt ist.
  • Einzelvertretungsbefugnis: In der Regel kann jeder Gesellschafter die Gesellschaft allein nach außen vertreten, außer im Gesellschaftsvertrag ist eine abweichende Regelung getroffen.

Diese Struktur fördert ein hohes Maß an Engagement und Verantwortlichkeit jedes Gesellschafters.

Kapitalaufbringung

Die Kapitalbeschaffung bei einer OHG erfolgt durch die Einlagen der Gesellschafter. Dabei können sowohl Geldeinlagen als auch Sacheinlagen eingebracht werden:

  • Kapitalbeiträge: Die Höhe der Einlagen ist variabel und abhängig von den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapitaleinlage.
  • Zusätzliche Finanzierung: Weitere Kapitalaufstockungen können durch zusätzliche Einlagen der bestehenden Gesellschafter oder durch Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgen.

Diese flexible Kapitalbeschaffung ermöglicht es der OHG, schnell auf finanzielle Bedürfnisse und Marktchancen zu reagieren.

Gewinn- und Verlustverteilung

Die Verteilung von Gewinnen und Verlusten bei der OHG erfolgt nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages oder, falls keine spezielle Regelung getroffen wurde, nach gesetzlichen Vorgaben:

  • Gewinnverteilung: Sofern nichts anderes vereinbart ist, gilt, dass Gewinne nach Köpfen verteilt werden. Das bedeutet, jeder Gesellschafter erhält einen gleichen Anteil am Gewinn.
  • Verlustverteilung: Verluste werden in der Regel ebenfalls gleichmäßig auf die Gesellschafter verteilt, falls der Gesellschaftsvertrag keine andere Verteilung vorsieht.

Diese paritätische Gewinn- und Verlustverteilung fördert ein ausgeglichenes finanzielles Engagement aller Gesellschafter.

Steuerliche Betrachtung

Steuerlich betrachtet wird die OHG als Mitunternehmerschaft gesehen, was spezifische steuerliche Implikationen hat:

  • Einkommenssteuer: Die Gewinne der offenen Handelsgesellschaft werden nicht auf Gesellschaftsebene versteuert, sondern den Gesellschaftern zugerechnet. Diese müssen ihren Gewinnanteil in ihrer persönlichen Einkommenssteuererklärung angeben und versteuern.
  • Gewerbesteuer: Sie selbst ist gewerbesteuerpflichtig. Die gezahlte Gewerbesteuer kann jedoch unter bestimmten Umständen auf die Einkommensteuer der Gesellschafter angerechnet werden.

Diese steuerliche Behandlung vermeidet eine doppelte Besteuerung und ermöglicht eine direkte Belastung der erzielten Gewinne bei den Gesellschaftern.

Unternehmensfortbestand und Nachfolge

Die Struktur der OHG ermöglicht eine relativ einfache Nachfolgeregelung, die jedoch gut geplant und vertraglich geregelt sein sollte:

  • Nachfolgeplanung: Gesellschafter können durch testamentarische Verfügungen oder gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklauseln bestimmen, wer ihre Anteile übernehmen soll.
  • Aufnahme neuer Gesellschafter: Der Gesellschaftsvertrag sollte klare Regelungen enthalten, wie neue Gesellschafter aufgenommen und vorhandene Gesellschafter ausscheiden können.

Diese Regelungen gewährleisten die Kontinuität und den Fortbestand der Gesellschaft über Generationen hinweg.

Rechtsformabhängige Formalitäten

Die Gründung und der Betrieb einer Offenen Handelsgesellschaft sind an bestimmte rechtliche Formalitäten gebunden:

  • Gründung: Für die Gründung ist ein Gesellschaftsvertrag erforderlich, der die Rechte und Pflichten der Gesellschafter regelt. Dieser Vertrag bedarf keiner notariellen Beurkundung, sollte jedoch schriftlich festgehalten werden.
  • Handelsregister: Die offene Handelsgesellschaft muss ins Handelsregister eingetragen werden. Erst mit dieser Eintragung gilt sie als offiziell gegründet und kann ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen.
  • Buchführungspflicht: Die OHG ist zur doppelten Buchführung und zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet.

Diese formellen Anforderungen tragen zur Transparenz und Rechtssicherheit der Gesellschaft bei.

Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten

Die Finanzierungsmöglichkeiten der OHG sind flexibel und orientieren sich an den Bedürfnissen des Unternehmens:

  • Eigenkapital: Die Gesellschafter können durch zusätzliche Einlagen das Eigenkapital der Gesellschaft erhöhen.
  • Fremdkapital: Die offene Handelsgesellschaft kann durch Bankdarlehen und Kredite finanzielle Mittel beschaffen. Die persönliche Haftung der Gesellschafter erhöht dabei die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft.

Durch diese Möglichkeiten ist die OHG in der Lage, flexibel auf finanzielle Anforderungen zu reagieren und Investitionen zu tätigen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Wie wird eine OHG gegründet?

Die Gründung einer OHG erfolgt in mehreren Schritten, die sorgfältig geplant und umgesetzt werden müssen:

  1. Gesellschaftsvertrag: Zunächst wird ein Gesellschaftsvertrag erstellt, der die Grundlagen der Zusammenarbeit, die Einlagen der Gesellschafter, die Geschäftsführung und die Gewinn- und Verlustverteilung regelt. Dieser Vertrag sollte schriftlich festgehalten werden und alle relevanten Punkte detailliert abdecken.
  2. Eintragung ins Handelsregister: Die Gesellschaft wird ins Handelsregister eingetragen. Dazu muss eine Anmeldung beim zuständigen Amtsgericht erfolgen, die von allen Gesellschaftern zu unterschreiben ist.
  3. Geschäftsbeginn: Nach der Eintragung ins Handelsregister kann die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen. Es ist sinnvoll, vor dem Geschäftsbeginn alle notwendigen Versicherungen abzuschließen und steuerliche Anmeldungen vorzunehmen.

Diese Gründungsschritte gewährleisten, dass die Gesellschaft rechtmäßig agieren kann und ihre Geschäftstätigkeit auf einer soliden rechtlichen Basis aufbaut.

Fazit

Die Offene Handelsgesellschaft (OHG) bietet zahlreiche Vorteile, darunter die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Geschäftsführung, eine flexible Kapitalbeschaffung und eine direkte steuerliche Belastung der Gesellschafter. Ihre Struktur ermöglicht eine enge Zusammenarbeit der Gesellschafter und fördert ein hohes Maß an persönlichem Engagement und Verantwortung. Allerdings ist die unbeschränkte persönliche Haftung ein bedeutendes Risiko, das sorgfältig abgewogen werden muss.