Die Bilanz ist das Aushängeschild jedes Unternehmens – ein finanzielles Abbild, das Stärken und Schwächen offenbart. Sie fungiert als Kernstück der Buchhaltung, aufgeteilt in Aktiva, die Vermögenswerte und Passiva, die Schulden und Eigenkapital repräsentieren.

Jenseits dieser Bilanzseiten existiert das Inventar, eine detaillierte Auflistung aller Vermögensgegenstände und Schulden.

Dieser Artikel führt Sie in die Grundlagen der Bilanz ein, erklärt die Bedeutung der Vermögens- und Kapitalseite und gibt Ihnen das Rüstzeug, Geschäftsfälle zu analysieren und Bilanzveränderungen zu verstehen.

Bilanz Form und Vorschriften, Aktiva, Passiva, Unterschied Inventar, Beispiel Geschäftsfall prüfen, Bilanzveränderungen, Vermögen u. Kapital.
Bilanz, Form, Vorschriften, Aktiva und Passiva, Unterschied Inventar

Bilanz erstellen

Das Handelsgesetzbuch (HGB) schreibt vor, dass Kaufleute eine Bilanz zu erstellen haben. Diese verpflichtende Bilanzierung dient dazu, eine klare und faire Darstellung der finanziellen Situation eines Unternehmens zu gewährleisten. Die relevanten Zeitpunkte für die Erstellung einer Bilanz sind gesetzlich festgelegt:

  1. Zu Beginn des Geschäftsbetriebs: Bei der Neugründung eines Unternehmens muss eine Eröffnungsbilanz aufgestellt werden. Sie dient als finanzielle Ausgangsbasis und zeigt die ursprüngliche Zusammensetzung von Vermögen und Kapital auf.
  2. Jährlich zum Abschluss des Geschäftsjahres: Die Jahresbilanz spiegelt die finanziellen Veränderungen wider, die sich im Laufe des Wirtschaftsjahres ergeben haben. Sie zeigt, ob und in welchem Maße das Unternehmen gewachsen ist, welche Gewinne erzielt oder welche Verluste hingenommen werden mussten.
  3. Bei Geschäftsaufgabe: Im Falle einer Veräußerung oder Auflösung des Geschäfts ist die Aufstellung einer Schlussbilanz notwendig. Diese zeigt die verbleibenden Werte und Verbindlichkeiten auf und ist somit essenziell für die Abwicklung des Unternehmens.

Eine ordnungsmäßige Bilanz muss die tatsächlichen Verhältnisse der Vermögensgegenstände und Schulden wahrheitsgetreu reflektieren und ist Grundlage für die Berechnung von Steuerlasten sowie eine wichtige Informationsquelle für Investoren, Gläubiger und weitere Stakeholder.

Unterschied zwischen Bilanz und Inventar

Der Unterschied zwischen Bilanz und Inventar ist fundamental für das Verständnis betriebswirtschaftlicher Dokumentation.

Bilanz

Die Bilanz präsentiert die finanzielle Lage eines Unternehmens in einer übersichtlichen Kontenform oder als Liste, wobei Vermögen (Aktiva) und Kapital (Passiva) gegenübergestellt werden – und dies auf komprimierte Art und Weise. Sie liefert eine zusammengefasste Momentaufnahme zum Stichtag der finanziellen Verhältnisse.

Inventar

Das Inventar hingegen geht ins Detail. Es ist eine exakte Auflistung aller einzelnen Vermögensgegenstände, Schulden und des Eigenkapitals. Diese Aufstellung wird typischerweise in tabellarischer Form geführt und umfasst Quantitäten, Beschreibungen und den Wert jedes Postens. Es dient als Grundlage für die Erstellung der Bilanz, indem es die erforderlichen Bewertungen aller Bilanzposten bereitstellt.

Während die Bilanz also die finanzielle Situation eines Unternehmens in verdichteter Form reflektiert und zwei wesentliche Fragen beantwortet – Was besitzt das Unternehmen? Und: Wie wurde das Vermögen finanziert? – bietet das Inventar die Informationstiefe, die es ermöglicht, die einzelnen Angaben in der Bilanz nachzuvollziehen und zu prüfen. Beide Instrumente sind unerlässlich für eine akkurate Buchführung und dienen unterschiedlichen Zwecken im Rahmen der unternehmerischen Rechnungslegung.

Aktiva und Passiva: Strukturen der Bilanz

Die Bilanz, ein elementares Instrument der Finanzbuchhaltung, ist in zwei Hauptkategorien gegliedert: Aktiva (Vermögensseite) und Passiva (Kapitalseite).

Aktiva

Aktiva (Vermögensseite) – Linke Seite der Bilanz – Die Aktiva zeigen auf, welche Ressourcen ein Unternehmen besitzt. Dazu zählen unter anderem:

  • Anlagevermögen (Immobilien, Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung)
  • Umlaufvermögen (Vorräte, Forderungen, flüssige Mittel)

Passiva

Passiva (Kapitalseite) – Rechte Seite der Bilanz – Die Passiva umfassen die Mittelherkunft, also wie das Vermögen finanziert ist:

  • Eigenkapital (Einlagen der Eigentümer, Gewinnrücklagen)
  • Fremdkapital (Verbindlichkeiten, Rückstellungen)

Unternehmensgröße entscheidet über Vorschriften

Bilanzen nach Unternehmensgröße Die gesetzlichen Grundlagen für die Bilanzgliederung unterscheiden sich zwischen Kapital- und Nicht-Kapitalgesellschaften. Kapitalgesellschaften müssen beispielsweise eine detailliertere Gliederung nach bestimmten Vorschriften, wie dem HGB, beachten. Hierbei wird die Bilanz nach festgelegten Posten strukturiert.

Beispiel für eine Bilanzgliederung nach HGB

  1. Aktiva
    • Anlagevermögen
    • Umlaufvermögen
    • Rechnungsabgrenzungsposten
  2. Passiva
    • Eigenkapital
    • Rückstellungen
    • Verbindlichkeiten
    • Rechnungsabgrenzungsposten

Weitere Vorschriften in Deutschland – Die Erstellung der Bilanz ist an strikte Regeln gebunden. Beträge müssen in Euro angegeben und die Bilanz zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgestellt werden, in der Praxis oft zum 31.12. als Abschluss des Geschäftsjahres. Diese klaren Regelungen sorgen für Transparenz und Vergleichbarkeit und sind ein essenzieller Bestandteil der Rechenschafts- und Informationspflicht gegenüber Investoren, Gläubigern und der Öffentlichkeit.

Beispiele für Bilanzpositionen von Aktiva und Passiva

In der Bilanz spiegeln sich Vermögenswerte und Finanzierungsquellen eines Unternehmens wider – eine Gleichung, die stets im Gleichgewicht sein muss. Das bedeutet, dass die Summe der Aktiva (Vermögensseite) stets der Summe der Passiva (Kapitalseite) entsprechen muss, was als Bilanzgleichgewicht bekannt ist.

Aktiva (Vermögensseite):

  1. Anlagevermögen:
    • Immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. Patente, Lizenzen)
    • Sachanlagen (z.B. Gebäude, Maschinen, Fuhrpark)
    • Finanzanlagen (z.B. Beteiligungen)
  2. Umlaufvermögen:
    • Vorräte (z.B. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse)
    • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
    • Wertpapiere des Umlaufvermögens
    • Liquide Mittel (z.B. Kasse, Bankguthaben)

Passiva (Kapitalseite):

  1. Eigenkapital:
    • Gezeichnetes Kapital (Stammkapital oder Grundkapital)
    • Gewinnrücklagen
    • Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
  2. Fremdkapital:
    • Rückstellungen (z.B. für Pensionsverpflichtungen)
    • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
    • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
    • Sonstige Verbindlichkeiten (z.B. Steuerschulden)

Beispiel mit konkreten Werten

In einem differenzierenden Beispiel für die Bilanzerstellung könnte das Unternehmen folgende positionsspezifische Werte aufweisen:

Aktiva:

  1. Anlagevermögen: 250.000 Euro
    • Immaterielle Vermögensgegenstände: 20.000 Euro
    • Sachanlagen: 180.000 Euro
    • Gebäude: 120.000 Euro
    • Maschinen: 50.000 Euro
    • Fuhrpark: 10.000 Euro
    • Finanzanlagen: 50.000 Euro
  2. Umlaufvermögen: 350.000 Euro
    • Vorräte: 150.000 Euro
    • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen: 120.000 Euro
    • Wertpapiere: 30.000 Euro
    • Liquide Mittel: 50.000 Euro

Summe Aktiva: 250.000 + 350.000 = 600.000 Euro

Passiva:

  1. Eigenkapital: 400.000 Euro
    • Gezeichnetes Kapital: 200.000 Euro
    • Gewinnrücklagen: 150.000 Euro
    • Jahresüberschuss: 50.000 Euro
  2. Fremdkapital: 200.000 Euro
    • Rückstellungen: 40.000 Euro
    • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten: 120.000 Euro
    • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: 30.000 Euro
    • Sonstige Verbindlichkeiten: 10.000 Euro

Summe Passiva: 400.000 + 200.000 = 600.000 Euro

Dieses fiktive Szenario zeigt eine Bilanz, die ausbalanciert ist – die Summe der Aktiva entspricht der Summe der Passiva, das Bilanzgleichgewicht ist hergestellt. Das ausdifferenzierte Beispiel ermöglicht einen tieferen Einblick in die finanzielle Struktur des Unternehmens und zeigt deutlich, welche Vermögenswerte vorhanden sind und wie diese finanziert wurden.

Bilanzveränderungen von Vermögen und Kapital

Bilanzveränderungen beschreiben die Dynamik in der Finanzsituation eines Unternehmens. Hierbei sind vier Grundtypen zu unterscheiden, die unterschiedliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung von Vermögen und Kapital haben:

  • Aktivtausch: Beim Aktivtausch verändert sich die Struktur der Aktivseite der Bilanz, nicht jedoch deren Höhe. Ein Wirtschaftsgut wird durch ein anderes ersetzt, der Gesamtwert aller Aktiva bleibt gleich. Zum Beispiel wird mit vorhandenem Bargeld (Verminderung der liquiden Mittel) eine Maschine gekauft (Zunahme des Sachanlagevermögens).
  • Passivtausch: Ähnlich verhält es sich beim Passivtausch, nur dass hier Veränderungen auf der Passivseite stattfinden. Die Bilanzsumme bleibt auch hier unverändert. Ein Beispiel hierfür wäre die Umwandlung eines kurzfristigen Bankkredits in ein langfristiges Darlehen. Die Verbindlichkeiten wechseln die Kategorie, aber das Gesamtkapital ändert sich nicht.
  • Aktiv-Passiv-Minderung: Eine parallele Minderung von Aktiva und Passiva liegt vor, wenn Vermögenswerte abnehmen und gleichzeitig auch das Kapital abnimmt. Schulden können etwa durch Bargeld getilgt werden, wodurch sich die liquiden Mittel (Aktiva) verringern und ebenso die Verbindlichkeiten (Passiva) abnehmen. Mehr zur Aktiv-Passiv-Minderung erfahren.
  • Aktiv-Passiv-Mehrung: Das Gegenteil der Minderung ist die Aktiv-Passiv-Mehrung. Es findet eine Erhöhung auf beiden Seiten der Bilanz statt. Ein klassisches Beispiel ist die Kreditaufnahme zur Finanzierung neuer Investitionen. Die liquiden Mittel (Aktiva) steigen, gleichzeitig, erhöhen sich aber auch die Verbindlichkeiten (Passiva).

In allen Fällen müssen die Prinzipien der doppelten Buchführung angewendet werden, was bedeutet, dass jede Veränderung in mindestens zwei Konten reflektiert wird, um das Bilanzgleichgewicht aufrechtzuerhalten.

Geschäftsfall in Bezug zur Bilanz!

Ein Geschäftsfall kann in Bezug zur Bilanz nach folgendem Verfahren geprüft werden:

  • Welche Positionen der Bilanz werden angesprochen?
  • Sind die Bilanzpositionen aktiv bzw. passiv?
  • Werden die Positionen der Bilanz wertmäßig mehr bzw. weniger?
  • Wie verändert sich die Bilanzsumme?
  • Welche Form der Bilanzveränderung liegt vor?

Wenn Sie diese Fragen beantworten können, ist es ganz leicht die richtige Bilanzveränderung zu erkennen und anzuwenden. Am Anfang der Buchhaltung sollte konsequent und bewusst mit diesem Muster gearbeitet werden. Später und mit mehr Übung erkennt man die Veränderungen aus dem Sachverhalt sofort.

Beispiel für die Prüfung von einem Geschäftsfall

Beispiel: Wir kaufen Rohstoffe auf Ziel für 10.000,00 €.

  • Welche Positionen der Bilanz werden angesprochen? Position Rohstoffe, Position Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.
  • Sind die Bilanzpositionen aktiv oder passiv? Rohstoffe zählt zu Aktiva bzw. Vermögen, Verbindlichkeiten zählt zu Passiva, also Kapital, genauer Fremdkapital.
  • Werden die Bilanzpositionen wertmäßig mehr oder weniger? Mehrung, Rohstoffe +, Mehrung, Verbindlichkeiten +.
  • Wie verändert sich die Bilanzsumme? Ja, die Bilanzsumme verändert sich und wird mehr.
  • Welche Bilanzveränderung liegt vor? In diesem Beispiel eine: Aktiv-Passiv-Mehrung.

Unterschied zwischen Anlagevermögen und Umlaufvermögen

Anlagevermögen: Das Anlagevermögen umfasst in einer Bilanz jene Vermögensgegenstände eines Unternehmens, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienen und somit langfristig in diesem gebunden sind. Hierzu zählen in der Regel Güter, die über einen längeren Zeitraum genutzt werden und nicht für den Verkauf bestimmt sind. Das Anlagevermögen wird weiter untergliedert in:

  • Immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. Patente, Markenrechte)
  • Sachanlagen (z.B. Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung)
  • Finanzanlagen (z.B. Beteiligungen, langfristige Darlehen an Dritte)

Üblicherweise werden Anlagegüter in der Bilanz zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich Abschreibungen ausgewiesen.

Umlaufvermögen: Das Umlaufvermögen hingegen umfasst jene Vermögenswerte, die nicht langfristig im Unternehmen gebunden sind und typischerweise innerhalb eines Geschäftsjahres verbraucht, verkauft oder in flüssige Mittel umgewandelt werden. Das Umlaufvermögen beinhaltet Posten wie:

  • Vorräte (z.B. Rohstoffe, unfertige Erzeugnisse, fertige Waren)
  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Kundenforderungen)
  • Wertpapiere (sofern kurzfristig gehalten)
  • Liquide Mittel (Bargeld, Bankguthaben)

Das Umlaufvermögen gibt Aufschluss über die Liquidität des Unternehmens und spielt eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit.

Unterschied zwischen Eigenkapital und Fremdkapital

Eigenkapital: In der Bilanz stellt das Eigenkapital jenen Teil der Passiva dar, der die von den Eigentümern eingebrachten Mittel sowie die im Unternehmen erwirtschafteten Gewinne umfasst. In Abgrenzung zum Fremdkapital sind dies die Mittel, für die keine vertraglich festgelegten Rückzahlungsverpflichtungen oder Zinszahlungen anfallen. Das Eigenkapital variiert in seiner Zusammensetzung nach Rechtsform des Unternehmens und beinhaltet typischerweise:

  • Gezeichnetes Kapital (bei Kapitalgesellschaften das Grund- bzw. Stammkapital)
  • Kapitalrücklagen (Einlagen, die über den Nennbetrag der Anteile hinausgehen)
  • Gewinnrücklagen (thesaurierte, also im Unternehmen belassene Gewinne)
  • Gewinn- oder Verlustvortrag (Resultat des Vorjahres, das bisher nicht ausgeschüttet oder verrechnet wurde)
  • Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag (Ergebnis des aktuellen Geschäftsjahres)

Das Eigenkapital spiegelt die Selbstfinanzierungskraft und Stabilität eines Unternehmens wider und bietet eine Haftungsgrundlage gegenüber den Gläubigern.

Fremdkapital: Demgegenüber fasst das Fremdkapital in der Bilanz jene Mittel zusammen, die von Außenstehenden zur Verfügung gestellt wurden und in der Regel verzinst sowie zurückgezahlt werden müssen. Es repräsentiert die Verbindlichkeiten eines Unternehmens gegenüber Dritten und wird oft nach Fristigkeit in kurz-, mittel- und langfristiges Fremdkapital gegliedert. Hierzu gehören:

  • Verbindlichkeiten gegenüber Banken (Kredite, Darlehen)
  • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (offene Rechnungen gegenüber Lieferanten)
  • Anleihen
  • Rückstellungen (z.B. für Pensionen, Garantieleistungen)
  • Sonstige Verbindlichkeiten (z.B. Steuerschulden, erhaltene Anzahlungen)

Fremdkapital ist relevant für die Finanzierung von Investitionen, Liquiditätssicherung und kann die Eigenkapitalrentabilität beeinflussen. Es stellt gleichzeitig eine Schuld des Unternehmens dar und bringt Verpflichtungen mit sich.

Unterschied zwischen HGB, IFRS und US-GAAP

Die Unterschiede zwischen dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB), den International Financial Reporting Standards (IFRS) und den Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) sind vielfältig und resultieren aus unterschiedlichen Rechnungslegungsphilosophien sowie Zielsetzungen.

  • HGB: Das HGB ist geprägt durch das Vorsichtsprinzip, wonach Risiken und Verluste eher zu berücksichtigen sind als Chancen und mögliche Gewinne. Der Fokus liegt auf dem Gläubigerschutz, sodass Vermögensgegenstände tendenziell vorsichtig bewertet werden. Das HGB erlaubt einen gewissen Grad an Bilanzpolitik (Wahlrechte und stille Reserven). In Deutschland haben vorrangig Kapitalgesellschaften eine Bilanz nach HGB aufzustellen.
  • IFRS: Die IFRS richten sich stärker auf die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen für Investoren aus (Investor Orientierung). Das bedeutet, dass im Gegensatz zum HGB eine eher marktwertorientierte Bewertung angewendet wird, um ein realistisches Bild der wirtschaftlichen Lage zu vermitteln. Die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert bzw. Fair Value ist ein zentrales Merkmal der IFRS. Generell zeichnen sich die IFRS durch eine geringere Anzahl an Wahlrechten und eine höhere Transparenz aus. In der EU sind kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, ihre konsolidierten Abschlüsse nach IFRS zu erstellen.
  • US-GAAP: US-GAAP ist ein Regelwerk, das vor allem in den Vereinigten Staaten Anwendung findet. Es ähnelt in vielen Bereichen den IFRS, wobei der Fair Value ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Ein wesentlicher Unterschied zu den IFRS ist, dass US-GAAP deutlich detailorientierter und auf spezifische Fallbeispiele ausgerichtet ist. Die US-GAAP gelten als regelbasiert, während die IFRS eher prinzipienbasiert agieren, was bedeutet, dass US-GAAP oftmals komplex und umfangreich in der Anwendung sind.

Hauptunterschiede in der praktischen Anwendung

  • Bilanzansatz: HGB schreibt bestimmte Aktivierungsverbote vor (z.B. für selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte), während IFRS und US-GAAP in manchen Fällen eine Aktivierung erlauben.
  • Bewertungsmethoden: HGB nutzt vorrangig historische Anschaffungs- und Herstellungskosten. IFRS und US-GAAP erlauben unter bestimmten Voraussetzungen eine Neubewertung zum Fair Value.
  • Abschreibungen: Das HGB ist tendenziell konservativer in der Nutzung von Abschreibungen. IFRS und US-GAAP bieten unter Umständen größere Spielräume bei der Abschreibungsdauer und -methode.
  • Konsolidierungskreis: Unterschiede können in den einbezogenen Unternehmen für den Konzernabschluss bestehen.
  • Rückstellungen: Das HGB ist in der Bildung von Rückstellungen vorsichtiger, während IFRS und US-GAAP hier engere Kriterien anlegen.
  • Offenlegung: IFRS und US-GAAP verlangen in der Regel umfangreichere Informationen und Erläuterungen im Anhang als das HGB.

Zusammengefasst lassen sich die Rechnungslegungsstandards hinsichtlich ihres Fokus (Gläubigerschutz vs. Investor Orientierung) und ihrer Bewertungsmethoden (Anschaffungskosten vs. Fair Value) unterscheiden. Die Wahl des Standards hat wesentlichen Einfluss auf die Darstellung der finanziellen Lage eines Unternehmens.

Offenlegung und Publizitätspflichten

Offenlegung und Publizitätspflichten der Bilanz sind gesetzliche Anforderungen, die sicherstellen, dass bestimmte Informationen über die finanzielle Lage und Leistung eines Unternehmens für Außenstehende, wie Investoren, Gläubiger und weitere Interessengruppen, zugänglich sind. Die Publizitätspflichten hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Rechtsform, der Unternehmensgröße und ob das Unternehmen kapitalmarktorientiert ist oder nicht.

Deutschland nach HGB

Deutschland (HGB): In Deutschland regelt das Handelsgesetzbuch die Offenlegungspflichten. Grundsätzlich sind alle Kapitalgesellschaften dazu verpflichtet, ihren Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang) und den Lagebericht beim elektronischen Bundesanzeiger einzureichen und zu veröffentlichen.

Es gibt allerdings Erleichterungen für kleine und mittelgroße Unternehmen, die weniger Informationen offenlegen müssen. Neben der Größenklasse spielt auch die Rechtsform eine Rolle; Personengesellschaften ohne haftungsbeschränkte Gesellschafter und Einzelkaufleute haben weniger strenge Offenlegungspflichten.

International IFRS

International (IFRS): Für Unternehmen, die ihre Abschlüsse nach IFRS erstellen, gelten international meist strengere Offenlegungspflichten. Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen neben Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung auch eine Kapitalflussrechnung, eine Eigenkapitalveränderungsrechnung sowie umfangreiche Angaben im Anhang publizieren. Die Offenlegung erfolgt je nach Land in unterschiedlichen öffentlichen Registern oder Börsenplattformen.

US-GAAP

US-GAAP: Unternehmen, die an US-Börsen gelistet sind und nach US-GAAP berichten, stehen unter der Regulierung der Securities and Exchange Commission (SEC). Sie müssen regelmäßig umfangreiche Berichte einreichen, einschließlich Quartalsberichte (Formular 10-Q) und Jahresberichte (Formular 10-K). Zusätzlich sind bestimmte Ereignisse ad hoc zu melden (Formular 8-K). Diese Berichte enthalten detaillierte Finanzinformationen und umfassende Erläuterungen zu den Finanzzahlen.

Europäische Union

Europäische Union: In der EU zwingen Richtlinien und Verordnungen Unternehmen, insbesondere die kapitalmarktorientierten, zu einem hohen Maß an Transparenz. Unternehmen, die auf dem regulierten Markt der EU handeln, müssen gemäß der Transparenzrichtlinie ihren Konzernabschluss veröffentlichen.

Die Nutzung digitaler Plattformen für die Offenlegung wird immer bedeutender. In der EU ist zum Beispiel das European Single Electronic Format (ESEF) ein vorgeschriebenes elektronisches Berichtsformat, das die Vergleichbarkeit und die Analyse der eingereichten Jahresfinanzberichte erleichtern soll.

Die Offenlegung der Bilanz und weiterer Bestandteile des Jahresabschlusses dient dazu, Sicherheit und Vertrauen auf den Finanzmärkten zu schaffen und eine informierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Nicht-Einhaltung der Publizitätspflichten kann je nach Rechtssystem mit Sanktionen belegt werden.

Mehr zum Thema Buchhaltung lernen können Sie hier.